„UNE COURSE FRANCO-ALLEMANDE - EIN DEUTSCH-FRANZÖSISCHER LAUF“

Veröffentlicht in den Nüdlinger Nachrichten am 16.04.2018 in der 8. Ausgabe: 

 

Am 05. April startete eine kleine Gruppe von sechs motivierten Läufern aus Nüdlingen mit ihren Betreuern in Richtung Frankreich.

 

Seit nun 21 Jahren besteht die offizielle Gemeindepartnerschaft zwischen der unterfränkischen Gemeinde und St. Marcel, sportliche Kontakte zwischen beiden Orten wurden aber schon sehr viel früher geknüpft.

 

Mit wechselseitigen offiziellen, aber auch privaten Besuchen, wird diese Jumelage immer wieder gepflegt. Man ist bestrebt, bestehende Freundschaften zu vertiefen und neue zu knüpfen. So folgte man auch gern einer Einladung aus St. Marcel am jährlichen Stadtlauf „Les Foulées Andre Heute“ teilzunehmen.

 

Bei der Ankunft nach einer rund neunstündigen Fahrt im Kleinbus bereiteten die Gastgeber am Donnerstagabend den Nüdlingern im Rathaus von St. Marcel einen herzlichen Empfang. Bei einem kleinen Umtrunk tauschte man gegenseitig die Gastgeschenke aus. So hatten die Besucher aus Deutschland extra für den Wettkampf entworfene Laufshirts im Gepäck dabei und auch seitens der Franzosen gab es Präsente für die deutschen Freunde. Danach verbrachten die Besucher aus Unterfranken den Abend in den Gastfamilien. So war dieser Abend dem Feiern des Wiedersehens oder Neukennenlernens vorgesehen.

 

Das Besuchsprogramm, das die Franzosen liebevoll vorbereitet hatten, bescherte den Nüdlingern zwei erlebnisreiche Tage in der Normandie. Das erste Ziel war am Freitag die Hafenstadt Honfleur an der etwa 120 km entfernten Atlantikküste. Die Kunst- und Geschichtsstadt, die an der Mündung der Seine liegt, bezauberte sofort mit dem charmanten Hafen, ihren schmalen Gassen und alten Fachwerkhäusern. Nach dem Mittagessen in dem malerischen Fischerstädtchen, gab es einige Kilometer weiter eine weitere Attraktion der Gegend zu sehen. Man fuhr zum Aussichtspunkt „Côte de Grâce“ mit seiner Kapelle Notre Dame de Grace, die um 1600 gebaut wurde. Die kleine Kirche besitzt außergewöhnliche Votivbilder, die die Dankbarkeit der Gläubigen bezeugen. Von der Kapelle und dem Aussichtpunkt Mont-Joli aus, eröffnet sich ein wunderschöner Panoramablick über die Stadt und die Mündungsbucht der Seine. Das nächste Ziel des gemeinsamen Ausflugs war Deauville. Der Yachthafen, die prächtigen Villen und Hotels, das große Casino und der breite Sandstrand mit seiner Promenade tragen dazu bei, dass dieses Seebad als einer der elegantesten normannischen Badeorte angesehen wird. Bekannt ist er vor allem für seine Planken am endlos langen Strand, an dem sich die kleinen Umkleidekabinen aufreihen, die mit Namen bekannter Schauspieler oder Regisseure gekennzeichnet sind, die das jährlich stattfindende amerikanische Filmfestival besucht haben. Bei strahlenden Sonnenschein wagten die jugendlichen Läufer sogar einen Sprung ins Meer (bei 14 Grad Wassertemperatur!).

 

Zurück in St. Marcel traf man sich am Abend zum Essen im Haus der Vorsitzenden des deutschen Partnerschaftskomitees Annabelle Podraza. Hier genoss man in familiärer, lockerer Atmosphäre die herzliche französische Gastfreundschaft.

 

Der Samstagvormittag war den Gastfamilien vorbehalten. Einige besuchten den Markt von Vernon, andere ließen sich St. Marcel zeigen. Am Nachmittag fuhr man dann gemeinsam nach Rouen, die Stadt der Impressionisten und historische Hauptstadt der Normandie. Mit ihrer gotischer Kathedrale, den etwa hundert tönenden Kirchtürmen, den pittoresken Fachwerkhäusern und schmalen, verwinkelten Gassen, zieht sie ihre Besucher noch immer auf den ersten Blick in ihren Bann. Ein Gang durch Rouen ist wie der Besuch eines großen Freilichtmuseums. Hier auf dem alten Marktplatz ließ Johanna von Orleans im Jahre 1431 ihr Leben auf dem Scheiterhaufen. Heute steht genau an dieser Stelle die Kirche Sainte Jeanne d’Arc. Eine weitere Sehenswürdigkeit ist der Uhrturm „Gros Horloge“ mit einer der ältesten astronomischen Uhren Europas. Ein deutsch-französischer Bowlingabend mit Karaokeeinlagen rundete den gelungenen Tag ab.

 

Am Sonntagmorgen stand nun der gemeinsame Lauf auf dem Programm. Zwei der Teilnehmer liefen die 5 Kilometer, die vier anderen die 10 Kilometer. Am Start wurden die Gäste aus Deutschland sehr herzlich vom Veranstalter begrüßt und lautstark angefeuert. Die Läufer der 10 Kilometer legten zur Freude der Zuschauer im Ziel noch eine kleine Showeinlage hin.

 

Bei der Siegerehrung in der Sporthalle von St. Marcel wartete auf die Gäste aus Unterfranken noch eine kleine Überraschung. So wurde der jüngste deutsche Teilnehmer, Lorenz Wilm, für einen Pokal aufs Siegerpodest gerufen, der mit seinen 10 Jahren die 5 Kilometer in beachtlichen 27,19 Minuten lief. Danach durfte sich die ganze Nüdlinger Mannschaft über einen zweiten Pokal freuen, den sie als Erinnerung mit nach Hause nahmen. Dann hieß es Abschiednehmen.

 

Mit Proviantpaketen ausgestattet, traten die deutschen Läufer, immer noch beeindruckt von der Gastfreundschaft und dem erlebnisreichen Besuchsprogramm, die Rückreise an.

 

Lohnen sich 816 Autokilometer für 10 Laufkilometer beim Stadtlauf in St., fragte sich Oliver Deininger, einer der laufenden Teilnehmer, im Vorfeld. Und das ausgerechnet am Marathonwochenende in Paris, ein Lauf, der für einen ambitionierten Läufer ein lohnenderes Ziel gewesen wäre. Sein Fazit zu Hause: „Als uns der Abschied am Sonntagmittag nach den vielen kurzweiligen, kulturellen, kulinarischen und sportlichen Eindrücken, aber vor allem nach den herzlichen und zwischenmenschlichen Begegnungen schwer fiel, hatte sich diese Frage erübrigt. Dank an den beiden Partnerkomitees und Gemeinden. Wir haben Freunde besucht.“      

(Ines Wilm)

 

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